Ratgeber
ESD-Sicherheitsschuhe werden als Teil der Arbeitsbekleidung in explosionsgefährdeten Bereichen, in ESD-Schutzzonen und beim Umgang mit empfindlicher Elektronik getragen. Sie verhindern eine elektrostatische Auf- und Entladung und dienen dem Schutz von Bauteilen, Messgeräten und Ausrüstungen, die schon durch geringe elektrische Entladungen irreparabel beschädigt werden können.
In unserem Ratgeber erfahren Sie, was ESD-Schuhe auszeichnet, welche Sicherheitsklassen es gibt und worauf beim Kauf zu achten ist.
Die Abkürzung ESD (engl: Electrostatic Discharge) steht für das physikalische Phänomen der elektrostatischen Entladung. Es entsteht, wenn sich ein Körper statisch auflädt und versucht, die überschüssige Spannung wieder auszugleichen. Dem zugrunde liegt die sogenannte Reibungselektrizität. Im Alltag begegnen uns elektrostatische Entladungen verhältnismäßig häufig. Wir können sie beobachten, wenn unsere Haare beim Ausziehen eines Pullovers zu fliegen beginnen oder wenn wir über einen Teppich laufen und beim anschließenden Berühren eines Heizungsrohrs oder einer Türklinke aus Metall plötzlich Funken fliegen sehen. Eine elektrostatische Entladung ist auch als Knistern hörbar und kann sich als elektrischer Schlag äußern, ist für den Menschen aber erst ab 2000 Volt spürbar und im Normalfall ungefährlich.
Anders sieht es bei empfindlichen elektronischen Bauteilen und Baugruppen wie Leiterplatten, Mikrochips, magnetischen Datenträgern, Diodenlasern, Feldeffekttransistoren, Leuchtdioden oder Schaltungen der Hochfrequenztechnik aus. Sie können schon durch geringe elektrische Ladungen von 100 Volt (Datenträger) oder lediglich 5 Volt (Mikrochips) beschädigt oder komplett zerstört werden. Das beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit von Geräten und führt beispielsweise in Laborumgebungen dazu, dass Messgeräte falsche Werte ausgeben. Gefährlich ist eine elektrostatische Entladung auch in explosionsgefährdeten Bereichen. Schon die Entstehung eines einzigen Funkens kann ausreichen, um hochentzündliche Stoffe in Brand zu setzen und schlimmstenfalls eine Explosion hervorzurufen.
ESD-Sicherheitsschuhe können so etwas verhindern. Sie wirken einer elektrostatischen Aufladung des Trägers oder der Trägerin entgegen, indem sie elektrostatische Spannungen über die Sohle ableiten, so dass es gar nicht erst zu einer plötzlichen Entladung und damit verbundenen Folgeerscheinungen kommt. ESD-Schuhe sind an ESD-Arbeitsplätzen und EPA-Bereichen (EPA = Electrostatic Protected Area) vorgeschrieben, wie sie beispielsweise fast in der gesamten Elektronik- und Halbleiterfertigung zu finden sind. Aber nicht nur in der Elektronikindustrie, sondern auch bei der Verarbeitung von Papier, Kunststoffen, Textilien, Verpackungen und Pharmaprodukten spielt ein zuverlässiger ESD-Schutz eine große Rolle.
ESD-Schuhe sind Sicherheitsschuhe mit ableitfähiger Sohle zur elektrostatischen Entladung. Sie werden in vielen Größen für Damen und Herren sowie in zahlreichen Formen, Farben und Materialien angeboten. ESD-Schuhe sind häufig als Sicherheitshalbschuhe oder Sicherheitsstiefel realisiert, aber auch als Clogs, Pantoletten oder Sandalen erhältlich, so dass sich für jeden Arbeitsbereich, jede Arbeitsumgebung und jede persönliche Präferenz ein passendes Modell findet.
ESD-Schuhe werden dann als solche bezeichnet, wenn sie die Richtlinien der DIN EN 61340-5-1 erfüllen und ihr elektrischer Durchgangswiderstand im empfohlenen ESD-Bereich zwischen 100 Kilo-Ohm und 35 Megaohm liegt. Die DIN EN 61340-5-1 ist die wesentliche europäische ESD-Norm für ESD-Arbeitsplätze und ESD-Schutzzonen. Geprüfte Schuhe, die eine ESD-Zertifizierung besitzen, sind am ESD-Symbol erkennbar, das meist in Form einer gelben Plakette am Produkt oder der Verpackung angebracht ist.
Sicherheitsschuhe sind Teil der Arbeitsbekleidung und persönlichen Schutzbekleidung. Sie werden allgemein in verschiedene Sicherheitsklassen eingeteilt, die jeweils spezifische Eigenschaften und Ausstattungsmerkmale wie das Material von Oberfläche und Sohle vorschreiben. Diese Anforderungen sind in der DIN EN 20345 für Sicherheitsschuhe definiert und damit verbindlich. Alle Sicherheitsschuhe ab der Sicherheitsklasse 1 sind antistatisch. In der Regel ist vorgegeben, welche Schutzklasse für welchen Arbeitsplatz benötigt wird.
Sicherheitsschuhe der Kategorie S1P erfüllen alle Merkmale von Schuhen der Klasse S1. Ergänzend dazu sind sie mit einer durchtrittsicheren Sohle ausgestattet. Ein Durchtrittschutz verhindert, dass auf dem Boden liegende spitze Gegenstände beim Auftreten durch die Sohle hindurchstechen. Schuhe der Klasse S1P sind nicht wasserdicht.
S2-Sicherheitsschuhe haben die gleiche Ausstattung wie Schuhe der Kategorie S1, bieten aber Schutz vor Feuchtigkeit und Nässe (kein Wasserdurchtritt für mehr als 60min). Allerdings haben sie keinen Durchtrittschutz. Sie eignen sich für Arbeitsbereiche, in denen mit Einwirkungen von Nässe zu rechnen ist.
S3-Sicherheitsschuhe haben die gleiche Ausstattung wie S2-Schuhe vorzuweisen und haben darüber hinaus eine durchtrittsichere Zwischensohle und einer Laufsohle mit stärkerem Profil.
ESD-Schuhe der Klasse S3 sind eine gute Wahl, wenn Sie einen Grundschutz vor Feuchtigkeit suchen und eine erhöhte Rutsch- und Trittsicherheit benötigen.
Unter die Kategorie S4 fallen fast ausnahmslos als Stiefel ausgeführte Sicherheitsschuhe. Sie erfüllen alle Eigenschaften der Klasse S2. Das heißt, sie haben eine Zehenkappe, einen Fersenschutz und lassen kein Wasser hindurch. Einen Durchtrittschutz gibt es nicht. Eine Besonderheit von Sicherheitsstiefeln der Klasse S4 ist, dass sie nahtlos und aus einem Stück gefertigt sein müssen. Als Material kommen vor allem PVC und Polymere zum Einsatz.
Beim Kauf von ESD-Schuhen stehen Sicherheit, Funktionalität und Tragekomfort an erster Stelle. Einen zuverlässigen Schutz vor elektrischer Entladung bieten nur Sicherheitsschuhe, die nach ESD-Norm zertifiziert sind. Dementsprechend wichtig ist es, auf das entsprechende Siegel zu achten.
Das Angebot an ESD-zertifizierten Herren- und Damen-Sicherheitsschuhen ist vielfältig und reicht von Sicherheitssandalen über Sicherheitshalbschuhe bis hin zu Sicherheitsstiefeln. Welche Schuhform sich am besten eignet, hängt vom Arbeitsumfeld, der konkreten Tätigkeit, der Gefahrensituation am Arbeitsplatz und den spezifischen Sicherheitsanforderungen ab. ESD-Sicherheitssandalen mit offenem Zehen- und Fersenbereich lassen Luft an den Fuß, was sich gerade in der warmen Jahreszeit als vorteilhaft erweist. Sie bieten jedoch kaum Sicherheit, wenn einem beispielsweise ein schwerer Gegenstand auf den Fuß fällt. In Umgebungen, wo ein gewisses Verletzungsrisiko durch herabfallende oder herumliegende Gegenstände besteht, sind daher eher Sicherheitshalbschuhe anzuraten, die mindestens Sicherheitsklasse S1 erfüllen. Generell sollten ESD-Schuhe die Sicherheitsklasse aufweisen, die für den jeweiligen Arbeitsbereich vorgeschrieben ist.
Was den Tragekomfort betrifft, kommt es insbesondere auf eine gute Passform und einen sicheren Sitz an. Der Fuß sollte ausreichend Bewegungsfreiraum und gleichzeitig Halt im Schuh haben. In dem Zusammenhang ist auf die richtige Schuhgröße und Schuhweite zu achten. Angeboten werden Sicherheitsschuhe in gängigen und Sondergrößen.
Unser Praxistipp: Vor-Ort-Prüfung des elektrischen Widerstands
Luftfeuchtigkeit und Temperatur haben einen Einfluss auf die statische Elektrizität. So laden sich physikalische Körper in Räumen mit trockener und kalter Luft schneller auf als in Räumen mit wärmerer und feuchter Luft. Mit anderen Worten: Der elektrische Widerstand verändert sich abhängig vom Raumklima. Aus diesem Grund sollte regelmäßig eine Vor-Ort-Prüfung des Bodenwiderstands erfolgen. Nur so kann man herausfinden, ob ESD-Schuhe in jeder Situation ausreichend Sicherheit bieten und die erforderliche Wirkung zeigen.
Was ist der Unterschied zwischen antistatischen Schuhen und ESD-Schuhen?
ESD-Schuhe sind immer antistatisch, aber antistatische Schuhe sind nicht immer ESD-Schuhe. Bei antistatischen Schuhen liegt der Durchgangswiderstand zwischen 100 Kilo-Ohm und 1000 Mega-Ohm. Sie schützen in erster Linie Träger und Trägerinnen vor Gefahren, die im Zusammenhang mit elektrischer Aufladung auftreten. Bei ESD-Schuhen wird die Obergrenze des antistatischen Bereichs stärker eingegrenzt. Hier liegt der elektrische Widerstand mit 100 Kilo-Ohm bis 35 Mega-Ohm noch niedriger. Aus diesem Grund eignen sich ESD-Schuhe besser für den Umgang mit empfindlichen elektronischen Bauteilen.
Ich brauche ESD-geprüfte Sicherheitshalbschuhe, die sich schnell an- und ausziehen lassen. Welcher Verschlusstyp ist der richtige?
Sicherheitshalbschuhe für Damen und Herren werden klassischerweise mit Schnürsenkeln gebunden, sind aber auch mit Klettverschluss erhältlich. Zwar dauert das An- und Ausziehen von Schnürschuhen etwas länger, dafür lässt sich die Schnürung so anpassen, dass der Fuß optimalen Halt findet. Das Öffnen und Schließen eines Klettverschlusses geht schneller vonstatten, allerdings kann es passieren, dass die Laschen nach einer gewissen Zeit nicht mehr richtig aneinanderhaften. Einen guten Kompromiss bieten Sicherheitshalbschuhe mit BOA-Verschluss. Dabei handelt es sich um ein Schnellschnürsystem, das bereits bei vielen Sport- und Freizeitschuhen genutzt wird. ESD-Arbeitsschuhe mit BOA-Verschluss verfügen über einen Drehknopf zum Festziehen und Lösen der Schnürsenkel. Das ermöglicht ein einfaches An- und Ausziehen und hat den Vorteil, dass die Schnürsenkel nicht gebunden werden müssen, sich nicht verheddern und nicht lose am Schuh baumeln.
Können Schuheinlagen die Ableitfähigkeit von ESD-Schuhen beeinträchtigen?
Ja. Aus diesem Grund müssen Menschen, die Einlagen tragen und in ESD-Schuhen arbeiten möchten, spezielle ESD-Einlagen verwenden. Benötigt man orthopädischen Einlagen, müssen ESD-Arbeitsschuhe entsprechend angepasst werden. Socken und Strümpfe haben im Regelfall keinen Einfluss auf die Ableitfähigkeit.